Für die 20.000 nach Berlin ausgewanderten Österreicher wird mit der EURO ein Traum wahr – das ÖFB-Team in ihrer Stadt. Die „Krone“ war beim Stammtisch der „Jödis“ dabei.

Präsident Werner Götz ( 3. v. li.) mit Vertretern der Österreichisch-Deutschen Gesellschaft e.V. Berlin-Brandenburg © Rainer Bortenschlager

Ein Autogramm von Michael Gregoritsch, ein Selfie mit Ralf Rangnick. Strahlende Gesichter beim öffentlichen Training der ÖFB-Truppe im Stadion am Wurfplatz in Berlin. Nicht (nur) von Kindern, auch von Erwachsenen. Viele in Lederhosen gekleidet. Und natürlich mit Österreich-Trikot. „Die Chance mussten wir nutzen, wenn sie zu uns kommen“, lacht Josef Labschütz, der Initiator der „Jödis“, der Österreichisch-Deutschen-Gesellschaft in Berlin. Knapp 55 Mitglieder zählt der enge Kern, der sich regelmäßig trifft. „Nach einigen Jahren wollt ich einfach wieder normal reden, ein österreichisches Bier trinken, ein Länderspiel in der Gruppe schauen“, begründet Jo. Sein Spitzname in den sozialen Medien ist übrigens „Mehr Koarl“, den versteht in Deutschland auch nicht jeder. „Die Heimat, der gute Wein, der Schmäh fehlt einem schon.“

Das geht Michael Schöpf, 1985 ausgewandert, nicht anders: „Irgendwann war das Wienerische weg. Viele sagen, ich spreche ein komisches Deutsch“, grinst der Rapid-Fan. „Ich habe mir einst ein Autogramm von Hans Krankl geholt. Jetzt sind wir hier Österreichs Botschafter. Nicht falsch verstehen, ich liebe Deutschland, aber allein der Kaffee oder der Kaiserschmarren – da ist ein Unterschied. Auch bei den Salzstangerln. Kein Vergleich.“

Das alles wird beim „Krone“-Besuch im JOSL, betrieben von einem Kärntner, aufgetischt. „Die Gemütlichkeit und Austropop“ vermisst auch Vicky Mihelic in Berlin. Vor einem Jahrzehnt ist die Social-Media-Managerin ausgewandert: „Danach hat Deutschland keinen Titel geholt“, lacht der GAK-Fan. „Vielleicht sollt ich nach München ziehen wegen den Bayern …“

Auch der Fußball verbindet. In der Rangnick-Ära ist etwa Werner Götz zu fast jedem Länderspiel nach Wien geflogen. Eigentlich wollte er 1970 nach Australien, „wegen der Liebe bin ich nach Berlin und blieb hängen.“ Seit Jahren arbeitet er ehrenamtlich für die Heimat. Götz ist der Präsident des Weltbundes, vertritt alle knapp 600.000 Österreicher im Ausland. Und kämpft um die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Was außerhalb der EU ein großes Thema ist. Aber jetzt zählt nur die EURO. „Ich habe schon vor dem Quali-Start geträumt, dass wir am 14. Juli in Berlin spielen“, spricht Labschütz vom Finale. Für den Start gegen Frankreich hat er bereits ein „Ösi-Viewing“ in Berlin organisiert, gegen Polen und die Niederlande ist man natürlich im Olympiastadion. „Wir holen fünf Punkte“, ist auch Götz vom Aufstieg überzeugt. Bei allen kribbelt’s wie bei Stürmer Gregoritsch: „Wir sind wie Löwen, die losgelassen werden wollen!“

Quelle:

Kronen Zeitung, Rainer Bortenschlager, 14. Juni 2024, „Wo noch der Schmäh rennt“

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